Heute möchte ich die Leser dieses Posts einmal mit ein wenig Dramentheorie quälen: Ein klassisches Drama hat in der Regel fünf Akte und einen relativ starren Handlungs- und Spannungsaufbau. Gestern gastierten wir an der Schaubühne an der Melanchthonstraße in einem modernen Sportdrama, das für uns leider nicht als Komödie, sondern als Tragödie endete.
I. Akt/Einführung (Vorstellung der Akteure und Anbahnung des Konfliktes):
Beim Verkünden der Aufstellung und in der Begrüßungsansprache der Hausherren wurde schnell klar, dass sich die Benrather fest vorgenommen hatten, die etwas unglückliche Hinspielniederlage (7:9) wieder wettzumachen und stattdessen die Rolle des strahlenden Helden einzunehmen.
II. Akt/Steigerung der Spannung (Zuspitzung des Konfliktes):
Unsere erfolgsverwöhnten Doppel gerieten diesmal in große Schwierigkeiten, ihr Können über die Rampe zu bringen. Insbesondere Michael H. und Rainer im 3. Doppel „gelang“ mit der ersten Rückrundenniederlage ein erster emotionaler Tiefpunkt. Eine Zweisatzführung und Matchball bei 10:9 im 3. reichten ihnen nicht zum Erfolg. Damit schwankte die bisher gewohnte Basis für den Gesamterfolg bedenklich. Eine weitere Fünfsatzniederlage von Lothar (es sollte leider nicht die letzte bleiben!) und zwei erfolglose Kurzauftritte in der Mitte ließen uns beim 2-5 schon einmal am Abgrund schnuppern. Mühsam kämpften wir uns von unten wieder heran. Rainer lieferte dabei eine zeitspielverdächtige Partie von epischer Länge, in der er geduldig die mit viel Sidespin gelöffelten Mondbälle seines Gegners zurückschaufelte, um den richtigen Zeitpunkt zu überfallartigen Attacken erfolgreich zu nutzen.
III. Akt/Höhepunkt + Wendepunkt (Das Drama droht umzuschlagen):
Der Höhepunkt des Abends war die Spitzenpartie zwischen den beiden Hauptdarstellern Lothar und Michael Thurn, die das Publikum in Atem hielt. Immer wenn es so aussah, als würde einer von Beiden die Bühne endlich für sich haben, startete der Rivale zum energischen Zwischenspurt durch. Nach Lothars überdeutlichem 11:1 im vierten Satz dachten wir Langenfelder Zuschauer, dass jetzt endlich alles gut wird. Doch im Entscheidungssatz wogte der Kampf weiter hin und her. Beiderseits wurden leichtfertig Siegbälle und damit auch der Schlussapplaus verschenkt, bis zum enttäuschenden und folgenreichen 12:14-Bühnenabgang Lothars.
IV. Akt/ Fall (mit Verzögerungsmoment):
Bis zum 5:7 ging es mit uns kontinuierlich weiter bergab. Dann gelang es Karl und Michael H., durch zwei klare Erfolge vorübergehend die Abwärtsspirale aufzuhalten. Dadurch verschafften wir uns auf der Bühne wieder etwas Selbstbewusstsein. Zu diesem Zeitpunkt konnte aber keiner ahnen, wie brutal das Schicksal noch zuschlagen würde.
V. Akt/Katastrophe (Der Held endet tragisch):
Kaum noch zu steigern war die Spannung im alles entscheidenden letzten Einzel, nachdem das Schlussdoppel bereits verloren war. Rainer kämpfte wie ein Löwe und ließ sich niemals abdrängen. Doch im 5. Satz ereilte ihn das tragische Ende. Zwei butterweiche Netzroller seines Gegenübers in der Schlussphase (einer davon war sogar der Matchball) versetzten ihm den finalen Todesstoß und katapultierten uns ins tiefe Tal der Tränen.
Fazit:
Die „Katastrophe“ war sicherlich vermeidbar, aber an diesem Abend hatten die Benrather alle ihnen möglichen Spiele gewonnen, während wir keinen einzigen knappen Punkt erzielten. Es sei ihnen gegönnt. Wir müssen jetzt allerdings wieder ein wenig aufpassen, nicht noch in das Gedränge der Abstiegszone zu geraten.
Es spielten: Jaeger/Billner 1:1, Paschen/Gunia 0:1, Hamacher/Stelter 0:1; Lothar Jaeger 0:2, Michael Billner 2:0, Günter Paschen 0:2, Karl Gunia 1:1, Michael Hamahcer 2:0, Rainer Stelter 1:1.